Wer ist Uwe Johnson?
Uwe Johnson hat eine zentrale Stellung in der Literatur- und Kulturgeschichte des 20. Jahrhunderts, die literarische Eigenheit seines Schreibens ist noch in seinen Schriften und Briefen deutlich.
Zu Lebzeiten veröffentlichte Johnson neun Bücher, darunter zwei Romane, die in den Kanon eingingen: Mutmassungen über Jakob (1959) und Jahrestage. Aus dem Leben von Gesine Cresspahl (1970, 1971, 1973, 1983). Er war auch ein Meister der kleinen Form, ein meinungsstarker Essayist und wacher Zeitgenosse, zudem ein so scharfsinniger wie witziger Brief- und Gesprächspartner.
Inzwischen gilt er vor allem als Chronist der deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts, insbesondere der deutschen Teilung. Sein Werk ist den Kristallisationspunkten der deutschen Geschichte angelagert (vom »Dreikaiserjahr« 1888 über den Nationalsozialismus und den Zweiten Weltkrieg bis hin zum Bau der Berliner Mauer und zu »1968«, dem Jahr der Vietnamkriegs- und Studentenproteste und der Niederschlagung des sogenannten »Prager Frühlings«). Dabei reicht es weit über den deutschen und europäischen Kontext hinaus in die globalen Verflechtungen der jeweiligen Zeit. Im Erzählen verknüpft Johnson die privaten Schicksale seiner Figuren unauflöslich mit dem gesellschaftlichen Wandel und lotet so den Handlungsspielraum aus, den der Einzelne in der Gesellschaft hat.
Diesen Zusammenhang von Privatem und Politischem nahm er auch in seinen Schriften und Reden immer wieder auf, mit denen er wiederholt in gesellschaftliche Debatten eingriff. In den teilweise hitzigen politischen Diskussionen zur Zeit der deutschen Teilung bestand er auf sachlicher Einschätzung der Lage und sprachlicher Genauigkeit. Im Zuge dessen geriet er zuweilen auch selbst ins Zentrum der Auseinandersetzung.
Von seiner Studienzeit an stand Johnson im Austausch mit zentralen Vertretern der deutschen und internationalen (Kultur-)Geschichte. Seine (größtenteils erst noch zu edierenden) Briefwechsel mit rund 250 Briefpartnern sind kulturgeschichtliche Dokumente ersten Ranges.
Skizze zu Leben und Werk
Kindheit und Schule (1934-1952)
Uwe Johnson wurde am 20. Juli 1934 in Cammin in Pommern (heute: Kamień Pomorski in Polen) geboren und wuchs zunächst in Anklam in Vorpommern auf. 1940 eingeschult, wurde er im Sommer 1944 als Fünftklässler zum Internatsschüler einer Deutschen Heimschule in Kosten (bis 1939 und ab 1945 wieder: Kościan in Polen). Im Februar 1945 wurde die von der SS kontrollierte Schule geschlossen, der zehnjährige Johnson kehrte mit einem Flüchtlingstreck zu seinen Eltern nach Anklam zurück und floh von dort aus mit seiner Familie ins weiter westlich gelegene Recknitz nach Mecklenburg.
Sein Vater wurde 1945 in die Ukrainische Sowjetrepublik deportiert und 1948 für tot erklärt. 1946 zog Johnson mit seiner Mutter und seiner Schwester nach Güstrow, wo er von 1948 bis zu seinem Abitur im Jahr 1952 die John-Brinckman-Oberschule besuchte und 1949 die Gründung der DDR erlebte.
Studium in Rostock und Leipzig (1952-1956)
Zum Studium der Germanistik ging Johnson 1952 zunächst nach Rostock. Dort wurde er Zeuge der staatlichen Verleumdungskampagne gegen die Jugend der evangelischen Kirche, Junge Gemeinde genannt, und weigerte sich im Mai 1953 öffentlich, ihre Mitglieder zu denunzieren. Aus diesem Grund wurde über seine Exmatrikulation beraten; nach dem Arbeiteraufstand vom 17. Juni 1953 und der darauffolgenden politischen Kurskorrektur in der DDR war davon allerdings nicht länger die Rede.
Johnson hatte ohnehin beabsichtigt, den Studienort zu wechseln, und setzte sein Studium ab Herbst 1954 an der Universität Leipzig fort. Dort knüpfte er prägende Lebensfreundschaften (von denen u. a. der bis zu seinem Tod geführte Briefwechsel mit den Leipziger Freunden zeugt, der derzeit zur Publikation vorbereitet wird). 1956 schloss Johnson sein Studium mit einer Diplomarbeit über Ernst Barlachs RomanfragmentDer gestohlene Mond (Erstausgabe 1948) ab.
Ein erster, unpublizierter Roman und Gelegenheitsarbeiten in der DDR (1956-1959)
Parallel zum Studium hatte Johnson seinen ersten Roman geschrieben. Er handelt von einer Abiturklasse in Mecklenburg, die – wie der Autor selbst – 1953 im Zuge der Kampagne gegen die Junge Gemeinde in Konflikt mit dem Staat gerät. In der Folge fliehen zwei der Hauptfiguren über West-Berlin in die BRD.
Nachdem Johnson seinen Roman zunächst mehreren Verlagen in der DDR angeboten hatte, die ihn seiner politischen Aktualität und Brisanz wegen nicht druckten, vermittelte sein Universitätsprofessor Hans Mayer ihn schließlich an Peter Suhrkamp und dessen Verlag in Frankfurt am Main, also in die BRD. Suhrkamp traf sich mit Johnson, druckte den Roman jedoch ebenfalls nicht, sondern ermunterte den 22-jährigen Autor stattdessen zum Weiterschreiben an einem neuen, zweiten Roman. Johnsons Erstling erschien letztlich erst 1985 posthum unter dem Titel Ingrid Babendererde. Reifeprüfung 1953.
Während Johnsons Mutter und Schwester 1956 in die BRD gingen, blieb der Diplom-Germanist in der DDR, fand aber keine feste Stelle und hielt sich mit Gelegenheitsarbeiten wie Verlagsgutachten und Lektoraten über Wasser. Er übersetzte in dieser Zeit u. a. Herman Melvilles Israel Potter ins Deutsche und übertrug gemeinsam mit seinem Leipziger Studienfreund Manfred Bierwisch das Nibelungenlied aus dem Mittelhochdeutschen ins Neuhochdeutsche.
Öffentliches Debüt und Übersiedlung nach West-Berlin (1959)
Anfang 1959 war Johnsons zweiter Roman fertig, Mutmassungen über Jakob, den er nicht mehr in der DDR zur Publikation anbot, sondern gleich an den Suhrkamp Verlag nach Frankfurt am Main schickte. Wiewohl Johnson selbst gern in der DDR geblieben wäre, entschied er sich angesichts der politischen Brisanz seines Buches schließlich doch, mit dessen Erscheinen nach West-Berlin zu ziehen, um Repressalien zu entgehen. Mutmassungen über Jakob erschien zur Frankfurter Buchmesse im Oktober 1959 und war sogleich ein Kritikererfolg, der 25-jährige Johnson wurde auf Anhieb zu einer prägenden Stimme der deutschsprachigen Literatur.
Sein Roman führt eine Handvoll Menschen an der mecklenburgischen Ostsee zusammen, darunter einen Offizier der Staatssicherheit und eine Dolmetscherin der NATO, die die DDR 1953 verlassen hat und jetzt in der BRD lebt. Handlungszeit ist der politisch heiße Herbst des Jahres 1956, zwischen Suezkrise, Ungarnaufstand und der von Nikita S. Chruschtschow angestoßenen Debatte über den Personenkult um Stalin.
Ein neues Buch im Schatten des Mauerbaus (1961)
Von der politischen Dimension der Mutmassungen wurde vor allem die deutsch-deutsche Thematik wahrgenommen, ebenso wie bei Johnsons nächstem Roman, Das dritte Buch über Achim, den er 1961 kurz vor dem Bau der Berliner Mauer fertiggestellt hatte und der wenige Wochen danach erschien. Darin scheitert ein Journalist aus Schleswig-Holstein daran, eine Biografie eines Radrennsportlers aus der DDR zu schreiben. In der Begegnung der beiden wird deutlich, wie weit sich die beiden deutschen Staaten im Jahr der Handlung, 1960, bereits entfernt haben. Im Windschatten der Mauer wurde Das dritte Buch über Achim zum Roman der Stunde, obwohl er eine zum Zeitpunkt des Erscheinens bereits historisch gewordene Situation beschreibt.
Zeitgleich geriet sein Autor in die Schlagzeilen, weil der Schriftsteller Hermann Kesten nach einer gemeinsam bestrittenen Podiumsdiskussion behauptet hatte, Johnson habe den Mauerbau gerechtfertigt. Johnson konnte die Anschuldigung zwar durch einen Tonbandmitschnitt widerlegen, dennoch schlug die Affäre Wellen bis in den Bundestag.
Bücher und Projekte (1962-1966)
Anfang 1962 trat Johnson ein mehrmonatiges Stipendium in der Villa Massimo in Rom an, im selben Jahr heiratete er und wurde Vater einer Tochter.
Nach seiner Rückkehr nach West-Berlin Ende September 1962 übertrug er John Knowlesʼ Roman A Separate Peace ins Deutsche, die Übersetzung erschien 1963 unter dem Titel In diesem Land.
Für den West-Berliner Tagesspiegel rezensierte er zwischen Juni und Dezember 1964 Sendungen des DDR-Fernsehens, das zu dieser Zeit in der westlichen Presse überwiegend noch ignoriert wurde; die insgesamt 99 Texte wurden 1987 unter dem Titel Der 5. Kanal posthum als Buch publiziert.
Mit Karsch, und andere Prosa veröffentlichte Johnson 1964 einen Band mit Erzählungen, in denen u. a. die Lebensläufe von Gesine Cresspahl aus Mutmassungen und vom Journalisten Karsch aus dem Dritten Buch über Achim weitererzählt werden. Damit machte der Band erstmals deutlich, was heute für Johnsons Gesamtwerk als prägend gilt: Der Kosmos seiner literarischen Figuren ist über die Grenzen einzelner Werke hinaus miteinander verwoben.
1965 erschien Johnsons viertes Buch Zwei Ansichten, in dem eine Fluchtgeschichte aus dem Berlin zur Zeit des Mauerbaus erzählt wird.
Im selben Jahr stellte Johnson die Edition von Bertolt Brechts Me-ti. Buch der Wendungen fertig, die ihn seit 1962 mit Unterbrechungen begleitete und die es ihm erstmals seit 1959 wieder ermöglichte, nach Ost-Berlin zu reisen, um dort im Brecht-Archiv zu arbeiten – eine Gelegenheit, die er u. a. für das Wiedersehen mit seinen Freunden aus der Leipziger Studienzeit nutzte.
Johnsons Ruf im geteilten Deutschland
War schon Mutmassungen über Jakob als »Roman der beiden Deutschland« wahrgenommen worden, so festigte sich Johnsons Ruf als »Dichter der beiden Deutschland« mit Das dritte Buch über Achim und den nachfolgenden Publikationen immer mehr. Tatsächlich erzählen Johnsons Texte vom Leben im geteilten Deutschland und insbesondere vom Leben in der DDR, sie loten die Auswirkungen politischer Ereignisse auf den Einzelnen aus und entziehen sich durch ihre literarische Form, die Vielstimmigkeit des Erzählens sowie die Genauigkeit der Sprache einfachen Deutungen. Thematisch weisen sie jedoch weit über den deutsch-deutschen Tellerrand hinaus, und Johnson selbst ärgerte sich schon deshalb über den Ruf, der ihm anhaftete, weil er in der DDR, nach deren geltendem Recht er sich der Republikflucht schuldig gemacht hatte, weder gedruckt noch gelesen werden durfte.
Leben in New York (1966-1968)
In dieser Situation suchte Johnson nach Veränderung und ging für eine Weile in die USA: Von 1966 bis 1968 lebte er mit seiner Familie in New York, an der Upper Westside in Manhattan.
Auf Vermittlung der Verlegerin Helen Wolff arbeitete er zunächst für ein Jahr als Schulbuchlektor bei Harcourt, Brace & World und stellte in dieser Funktion ein deutschsprachiges Lesebuch für die High School zusammen, das 1967 unter dem Titel Das neue Fenster erschien. Für das zweite Jahr erhielt er ein Stipendium der Rockefeller Foundation und konnte sich ganz seinen eigenen Arbeiten widmen.In dieser Zeit schrieb er den Text für Summer in the City (1969), einen Dokumentarfilm über New York in der Regie von Christian Blackwood und Robert Leacock. Vor allem aber begann er die Arbeit an seinem nächsten großen Roman, Jahrestage. Als er im August 1968 mit seiner Familie nach West-Berlin zurückkehrte, hatte er dessen erste Kapitel bereits geschrieben, die Arbeit an der Fertigstellung sollte ihn mit Unterbrechungen bis ins Jahr 1983 beschäftigen.
Das Opus magnum Jahrestage (1970-1983)
1970 erschien der erste Band von Jahrestage. Aus dem Leben von Gesine Cresspahl, 1971 der zweite und 1973 der dritte Band; der vierte und letzte Band folgte zehn Jahre später, 1983.
Im Zentrum des Romans steht Gesine Cresspahl, geboren 1933 in Mecklenburg und Johnson-Lesern bereits aus Mutmassungen und der Karsch-Prosa bekannt. Im Jahr 1967/68 lebt sie in New York und erzählt ihrer zehnjährigen Tochter aus der Familiengeschichte. Der Bogen reicht von den frühen 1930er Jahren in Mecklenburg über die Zeit des Nationalsozialismus und des Zweiten Weltkriegs bis in die unmittelbare Nachkriegszeit. Auf die Gründungsjahre der DDR folgen die 1950er Jahre in der BRD, am Ende des Romans mündet die Vergangenheitsebene in die Gegenwartsebene des Jahres 1968, das u. a. vom Vietnamkrieg, von Rassenunruhen in den USA und vom Reformsozialismus Alexander Dubčeks in Prag geprägt ist.Der New Yorker Alltag wird von Tag zu Tag erzählt, vom August 1967 bis zum August 1968 gibt es für jeden Tag des Jahres ein Kapitel. Die Vergangenheitsebene ist durch Gespräche, Erinnerungen sowie Erzählungen des »Genossen Schriftsteller« in diese Tageskapitel integriert. Die Verbindung von politischer Geschichte und Familiengeschichte bestimmt formal wie inhaltlich diesen weltumspannenden, knapp 2.000 Seiten starken Roman mit mehr als 500 literarischen Figuren und gut 125 Orten. Johnson selbst wirkte bei der Fertigstellung des von Rolf Michaelis herausgegebenen Kleinen Adreßbuchs von Jerichow und New York mit, das 1983 zusammen mit dem vierten Jahrestage-Band erschien und als Findbuch zu Figuren und Schauplätzen in Johnsons Werk angelegt ist.
Bücher und Projekte (1968-1979)
Parallel zur Arbeit am Opus magnum Jahrestage verfolgte Johnson auch andere Projekte. Zurück aus New York, führten er und seine Frau ab 1968 ausführliche Gespräche mit der Journalistin Margret Boveri, um ihr bei der Niederschrift ihrer Autobiografie zu helfen. Boveri konnte die Arbeit nicht mehr selbst fertigstellen, Johnson gab sie 1977, zwei Jahre nach ihrem Tod, unter dem Titel Verzweigungen heraus.
1971 lektorierte Johnson das Tagebuch 1966–1971 seines Freundes und Schriftstellerkollegen Max Frisch, aus dessen Werk er 1975, anlässlich des 25-jährigen Bestehens des Suhrkamp Verlags, zudem den Band Max Frisch: Stich-Worte zusammenstellte. Dass die literarische Auseinandersetzung mit Frisch produktiv war, zeigt auch Johnsons Skizze eines Verunglückten, ein Text, der durchgängig im Konjunktiv vorgetragen ist und die Lebensgeschichte des fiktiven Schriftstellers Dr. J. Hinterhand erzählt. Dieser Festschrift-Beitrag zu Frischs 70. Geburtstag im Jahr 1981, der 1982 auch als Einzelband erschien, stellt seine intertextuellen Bezüge offensiv aus und verweist schon im Titel auf Frischs Skizze eines Unglücks aus dem Tagebuch 1966–1971.
Mit Eine Reise nach Klagenfurt veröffentlichte Johnson 1974 einen Nachruf auf seine Freundin und Schriftstellerkollegin Ingeborg Bachmann, deren plötzlicher Tod im Oktober 1973 ihn zu einer Spurensuche in der Stadt ihrer Kindheit und Jugend veranlasst hatte.
Unter dem Titel Berliner Sachen stellte er 1975 insgesamt 13 Aufsätze, die zwischen 1961 und 1971 entstanden sind und fast alle aus tagespolitischem Anlass geschrieben wurden, zu einem Buch zusammen. Der Band ist erkennbar ein Versuch, dem Verstummen in der geteilten Stadt Berlin entgegenzuwirken.
1976 erschien Johnsons Nacherzählung des Philipp Otto Runge-Märchens Von dem Fischer un syner Fru.
Im Rahmen der Gastdozentur für Poetik an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main hielt Johnson 1979 sechs Vorlesungen. Als er sie ein Jahr später in veränderter Fassung unter dem Titel Begleitumstände als Buch publizierte, machte er darin die Trennung von seiner Frau und seine Schreibhemmung öffentlich.
Für den von Jürgen Habermas herausgegebenen Band 1.000 der edition suhrkamp trug Johnson 1979 den Text Ein Schiff bei – einer der wenigen zu Johnsons Lebzeiten verstreut veröffentlichten Texte, die sich mit seinem neuen Lebensort in England beschäftigen.
Leben und Arbeiten in England (1974-1984)
Denn 1974 war die Familie Johnson von West-Berlin ins englische Sheerness-on-Sea auf der Isle of Sheppey umgezogen, eine in der Themsemündung gelegene Insel in der Grafschaft Kent nahe London. Mit diesem Umzug gab Johnson sein Amt als Vizepräsident der Akademie der Künste in West-Berlin ab, das er seit 1972 innehatte, blieb aber auch von England aus eine zentrale Stimme im Literaturbetrieb der BRD, ein wichtiger Autor des Suhrkamp Verlags und ein einflussreicher Berater von dessen Verleger Siegfried Unseld.
Mitgliedschaften, Korrespondenzen und Preise
Johnson war Mitglied der Akademie der Künste, der er, ebenso wie dem PEN-Zentrum der BRD, seit 1969 angehörte. 1977 wurde er Mitglied der Akademie für Sprache und Dichtung in Darmstadt.
Als kritischer Intellektueller korrespondierte er mit Schriftstellern, Politikern und Intellektuellen in aller Welt, von Hannah Arendt bis Martin Walser, von Willy Brandt bis Henry Kissinger, von Rudolf Augstein bis Gershom Scholem.
Und er wurde mit Preisen geehrt: Nach dem Fontane-Preis der Stadt Berlin (West) (1960), dem Internationalen Verleger-Preis Prix Formentor (1962) und dem Georg-Büchner-Preis (1971) erhielt er 1975 den Wilhelm-Raabe-Preis der Stadt Braunschweig, 1979 den Thomas-Mann-Preis der Hansestadt Lübeck sowie 1983 den Heinrich-Böll-Preis der Stadt Köln.
Tod (1984)
Nach Vollendung der Jahrestage hatte Johnson neue Pläne: Im Sommer 1983 war er im Rahmen eines Filmprojekts des Hessischen Rundfunks für mehrere Wochen wieder in New York gewesen, nun plante er einen längeren Aufenthalt in Max Frischs New Yorker Apartment. Er wollte die Arbeit an zwei Erzählprojekten wieder aufnehmen, die er bereits 1975 begonnen hatte: Heute Neunzig Jahr sollte das Leben von Gesine Cresspahls Vater Heinrich Cresspahl vom »Dreikaiserjahr« 1888 an rekonstruieren, in Marthas Ferien sollte die Geschichte der bereits in Ingrid Babendererde und in Jahrestage auftretenden Familie Niebuhr im Mittelpunkt stehen.
Doch sein Gesundheitszustand verschlechterte sich. Seine Lesereise zum vierten Band der Jahrestage im Herbst 1983 musste Johnson aus gesundheitlichen Gründen unterbrechen. Am 12. März 1984 wurde Uwe Johnson in seinem Haus in Sheerness-on-Sea tot aufgefunden. Er ist 49 Jahre alt geworden.